Wie ein Westerkappelner das Autohimmelbett erfand

EINGEBAUT IN 15 MINUTEN

@ Von Friedrich Schönhoff, NOZ

Ein Himmelbett im Auto – gibt es nicht? Doch, gibt es. Erfunden hat es der Westerkappelner Jens Buse. Der Weg dorthin verlief jedoch steinig. Mittlerweile verkauft er die besondere Schlafmöglichkeit an einen bunt gemischten Kundenkreis. Die typischen Camper gehören nicht dazu. Die erste Erfindung, die der heute 61-jährige Jens Buse machte, war ein zusammenklappbarer Fahrradanhänger. Hergestellt hatte er ihn aus einem nicht mehr benötigten Koffer. „Am Markt konnte sich diese Erfindung allerdings nicht behaupten“, berichtet der mit viel Selbstironie ausgestattete Maschinenschlosser von seinem Werdegang bis zur Erfindung des Autohimmelbetts. „Meine ersten Erfindungen waren dem Verständnis von Wiederverwertung geschuldet“, erzählt der energiegeladene Tüftler aus Westerkappeln-Velpe. „Ich dachte immer, Recycling hieße, einen ausgedienten Gegenstand einer neuen Bestimmung zuzuführen. Da fand ich, war der Fahrradanhänger eine gute Idee.“

Als Wirt gearbeitet, später Schrott sortiert

Simon Spellmeyer, seine Freundin Lynn und Hund Cici bereiten sich mit dem Autohimmelbett auf ihre Urlaubstour durch Deutschland vor.

Für Jens Buse war der Weg bis zur Erfindung des Autohimmelbetts lang und steinig und dabei eng verbunden mit seiner Lebensgeschichte, zu der auch gehört, dass er erst über die Waldorfschule und seine Ausbildung bei Kabel Metall in Osnabrück das Rüstzeug für die Suche nach dem Besonderen bekam. Er wurde Wirt und Besitzer einer Diskothek, gründete eine Trockenbaufirma und sortierte Schrott auf der Müllkippe am Piesberg. Danach lebte er einige Jahre in Berlin, bis er zurückkam auf einen Bauernhof in Velpe, den er vor dreißig Jahren als Bauruine erwarb und zu einer Wohn- und Arbeitsoase für sich und seine Familie gestaltete. Arbeit ist für Jens Buse und seine kleine Belegschaft auch Lebensqualität. Dabei spielt die Gestaltung der Werkstatt eine wichtige Rolle. Die ehemalige Diele des Hofes wurde zur Werkstatt umfunktioniert, in der man sich in ein Zeitalter vor dem viel gepriesenen Wirtschaftswunder zurückversetzt fühlt. Es wird von Hand gearbeitet, ohne Arbeitsverdichtung, Lärm und Leistungsdruck. Es gehört dazu, dass zwischendurch eine Hofbewohnerin Obst vorbeibringt oder eine gemeinsame Kaffeepause außerhalb der Pausenzeiten eingelegt wird. Zu viert arbeiten sie: Kurt, der die Holzarbeiten durchführt, Jens, zuständig für die Metallarbeiten, Simon, der seit kurzem das Knowhow der Firma um das eines Mechatronikers erweitert, und der Schweißer Heisam.

Heike Spellmeyer in ihrem kleinen gemütlichen Büro. Sie führt Kundengespräche und ist zuständig für die Buchführung der kleinen Firma „Autohimmelbett“.

Außerdem sitzt im kleinen, von der Diele abgetrennten Büro Heike. Sie ist zuständig für erste Kundenkontakte und die Buchführung. Von der Decke herab hängt Jens Buses erstes Moped, eine noch fahrtüchtige Hercules K50 RL. Bei soviel Idylle liegt die Idee eines Himmelbettes nahe. Doch dazu kam es tatsächlich anders. „Die Idee, einen alltagstauglichen Pkw mit einem Himmelbett auszustatten, kam mir, als ich einmal ein Türblatt transportierte und feststellte, dass ich die notwendigen zwei Meter Transportfläche nur unter dem Dach des Autos zur Verfügung hatte, also auch den Platz über dem Kopf des Fahrers nutzen musste“, erzählte Firmeninhaber Jens Buse. Als ihm bewusst wurde, dass das genau den Maßen eines Bettes entsprach, begann er zu tüfteln, bis er ein ausgereiftes System vorweisen konnte, dass sich in jedes Auto mit erhöhtem Dach einbauen lässt.

TÜV-Abnahme hätte 100.000 Euro gekostet

Voller Stolz fuhr Buse mit seiner Erfindung zum TÜV und fragte, ob eine Zulassung möglich sei. Der TÜVBerater meinte, das ginge auf jeden Fall, der Wagen müsse lediglich einen Brems- und Überschlagstest bestehen. Wie teuer das denn wäre, fragte der kreative Erfinder. „Als der Berater aus seiner Gebührentabelle wieder aufschaute und mir die Summe nannte, wollte ich fluchtartig den Raum verlassen“, sagt Jens Buse. Hunderttausend Euro sollte die Zulassung kosten und zwar für jedes Automodell, in dem der Einbau vorgenommen würde. Quasi beim Herausgehen rief ihm der Mitarbeiter der Prüfstelle zu, es gäbe noch einen anderen Weg, der überhaupt keiner TÜV-Prüfung bedürfe. „Wenn Sie es schaffen, das Bett ohne bohren und schrauben zu befestigen, dann gilt es als Ladung und muss nur ausreichend gesichert sein“, habe ihm der TÜV-Sachverständige erklärt. Es war für Jens der Durchbruch, denn auf dieser Grundlage sind heute alle Modelle des Autohimmelbettes konstruiert.

Erfinder Jens Buse und Sohn Simon bei den Feinarbeiten zum Autohimmelbett. Im Hintergrund das erste Moped des Firmenchefs Jens.

Bunt gemischter Kundenkreis

Wer nun an einen Umbau zum Wohnmobil denkt, liegt falsch. Das Besondere am Autohimmelbett ist, dass es in einem normalen Fahrzeug unter dem Autodach hängt und nur bei Bedarf mit wenigen Handgriffen zur Schlafstätte umgebaut werden kann. „Unsere Kunden sind darum auch nicht unbedingt die typischen Camper“, sagt Buse. „Zu uns kommen zum Beispiel Straßenkünstler, denen nach ihren Auftritten ein Hotel zu teuer ist.“ Auch Angler, Musiker oder Leute, die viel auf Flohmärkten unterwegs sind, gehörten zum Kundenkreis. „Mein erster Kunde war ein Freund, der an den Wochenenden als Surfer unterwegs war und so immer eine Schlafstätte dabei hatte“, so Buse. Damit sich das Autohimmelbett nahtlos einpasst, hat Jens Buse für jeden PKW Typ das passende Schnittmuster angefertigt.

Und wie lange dauert es nun, mit dem eigenen Himmelbett im Auto nach Hause fahren zu können?

„Kommen Sie vorbei, trinken in Ruhe einen Kaffee, bezahlen möglichst, und dann kann es los gehen“, erzählt Buse schmunzelnd. Für gängige Automodelle dauert der Einbau tatsächlich nicht länger als eine Viertelstunde, wenn die Firma das Bett auf Lager hat. Um ein Bett zu bauen, benötigen die vier Mitarbeiter einen Tag. Die Grundausstattung kostet 1.530 €, der Preis für die Vollausstattung, zu der eine erleichterte Höhenverstellung und mehr Liegekomfort gehören, beträgt 2.150 €.

Seit kurzem arbeitet Jens Sohn Simon als gelernter Mechatroniker in Vollzeit mit in der Firma. Gemeinsam mit seiner Freundin Lynn rüstet der 25-Jährige gerade eines der beiden Firmenfahrzeuge für eine Urlaubsfahrt auf. Und schon fließen neue Ideen in die Ausstattung ein. „In Zeiten von Corona habe ich mir Gedanken über die Hygiene gemacht“, sagt der junge Mann, der aus einer handelsüblichen chemischen Campingtoilette ein Handwaschbecken mit Desinfektionsspender konstruierte. In Kreisen von Erfindern und Tüftlern herrscht eben niemals Stillstand, denn wie die derzeitige Pandemie zeigt, entstehen schnell Situationen, die nur mit guten Ideen gemeistert werden können.